Die Eucharistiefeier ist überaus stimmig aufgebaut: Eröffnung, Wortgottesdienst, Mahlfeier, Entlassung. Dennoch droht sie in Einzelhandlungen zu zerfallen, von denen einige entbehrlicher erscheinen als andere. Vor allem „zu“ viele Wortelemente führen zu pastoral begründeten Kürzungen. Besonders gefährdet sind die sogenannten „Zwischengesänge“ der Messe.
So viele Lesungen!?
Schriftlesungen und Gebet evozieren im Wortgottesdienst der Messe eine dynamische Wechselrede zwischen Gott und seinem Volk. An Sonn- und Feiertagen hört es je zwei Abschnitte aus dem Ersten/Alten und Neuen Testament in unterschiedlichen Textgattungen: Erzählungen, Briefe, Sprichwörter, Gleichnisse etc.; die poetischen Psalmen (von griech. psalmos, Saitenspiel, Lied) haben ihren ganz eigenen Klang: Diese Gebete und Bekenntnisse der Frommen Israels (auch Jesu) werden den Versammelten als wirkmächtiges Wort Gottes zur existentiellen Aneignung vor- und zugesungen. Sie beteiligen sich am Psalmisten-Gesang/-Vortrag mit einem Kehrvers (lat responsum, Antwort). Daher spricht man vom „Antwortpsalm“. Dass dieser heutzutage inhaltlich auf die AT-Lesung abgestimmt ist und darauf zu „antworten“ scheint, mag als Mehrwert gelten – sofern man nicht meint, ohnehin auf beide verzichten zu können.
Verräterischer Sprachgebrauch
Im Sprachgebrauch (bis hinein ins Messbuch) nämlich fristet der Psalm immer noch sein Schattendasein als „Zwischengesang“. Das ist unsachgemäß und fördert die hartnäckige Gewohnheit, den Psalm selbst dann zu ersetzen oder zu streichen, wenn die AT-Perikope gelesen wird. Ein „Zwischengesang“ hat ja lediglich die Lücke (Distanz?) zwischen AT und NT zu überbrücken – praktischerweise „neutral“ mit den nächsten Strophen des Eingangsliedes. Die Chance aber, mit dem Psalm in Israels Gefolge in den Dialog mit Gott einzustimmen, ist vertan, bevor sie erkannt ist.
Gesang ist nicht gleich Gesang
Ein weiterer Gesang erklingt vor dem vierten, letzten Schriftwort: Das Halleluja (in den 40 vorösterlichen Tagen der Ruf vor dem Evangelium) begleitet die Evangelienprozession zum Ambo. Sie soll nicht in Stille stattfinden, vielmehr weckt der biblische Jubelruf Aufmerksamkeit für den feierlichen Einzug und die Inthronisation Christi, des inkarnierten Wortes (griech. logos) Gottes. Auch dieser zweite angebliche „Zwischengesang“ ist also kein Pausenprogramm, sondern richtet die Gläubigen auf den erhöhten Herrn in ihrer Mitte aus.
„Zwischengesänge“ sollte es in unserer Liturgie keine geben – dafür beherzten Gesang der Psalmen und hörbare Vorfreude auf die sakramentale Begegnung mit dem Logos Gottes.
Erstveröffentlichung: http://www.kirchebunt.at/einrichtungen/kirchebunt/artikel/2019/glauben-verstehen-von-dr-ingrid-fischer-0
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