„Mariä Empfängnis“ – Fragen und knappe Antworten zum Hochfest am 8. Dezember

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Antworten von Dr. Sibylle Trawöger (Universität Würzburg)

1. Was weiß man über die Entstehung des Festes „Maria Empfängnis“?

Wie die meisten lehramtlich festgehaltenen Glaubensaussagen, so hat auch das von Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 erklärte Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens eine lange Vorgeschichte. Bereits im frühen Christentum wurde danach gefragt, wie die Frau be- bzw. geschaffen war, die „den Erlöser“ gebar. Vor allem im Mittelalter und in der Neuzeit führte der Glaube an die ohne Erbsünde empfangene Maria zu theologischen Schulstreitigkeiten, die das päpstliche Lehramt zu dieser Zeit zu vermitteln versuchte. Im 19. Jahrhundert, das von einer hohen Marienfrömmigkeit geprägt war, wurde der Glaubenssinn der ChristInnen mit diesem Dogma lehramtlich festgehalten. „„Mariä Empfängnis“ – Fragen und knappe Antworten zum Hochfest am 8. Dezember“ weiterlesen

Warum Glaubensbekenntnisse?

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Sonntag für Sonntag wird das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst gesprochen – üblicherweise das Apostolische, zu besonderen Anlässen das so genannte Große Glaubensbekenntnis. Letzteres können nur wenige Gläubige auswendig – und nicht alle wissen, dass das Große, genauer: das „Nizäno-Konstantinopolitanische“ Glaubensbekenntnis wichtige dogmatische Festlegungen enthält, die von den beiden ersten Ökumenischen Konzilien in Nizäa (325) und Konstantinopel (381) eingefügt wurden. Nicht wenige ChristInnen haben mit diesen alten Texten ihre Schwierigkeiten. Es gelingt ihnen nicht, diese Inhalte mit ihrem eigenen Glaubensverständnis zusammenzubringen. „Warum Glaubensbekenntnisse?“ weiterlesen

Hinführung zur Dogmatik – Teil 2

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Beitrag von Univ.-Prof. Dr. Dr.habil Hans-Joachim Sander, Universität Salzburg

[Dieser Text ist hier auch als PDF erhältlich: Hinführung zur Dogmatik-Teil2]

Liebe Studierende,

zunächst wie immer am Anfang die Tageslosung der Herrenhuter: Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Epheser 5,8-9

Wir hatten im ersten Teil einerseits die Herkunft des Diskurses bestimmt, den wir Dogmatik nennen – das frühe 16. Jhd. im Wechsel der Wissensform zu loci, also Fundstellen von Argbumenten –, dann eine Formel gesucht, wann Dogmatik gut ist und wann sie nicht funktioniert – der Gegensatz von Dogmatik zum Dogmatismus – und wir hatten auch schon den Schlüssel für dogmatische Fundstellen benannt – die Autorität im Gegenüber zur Macht. Dabei gibt es weitere Differenzierungen, die sich aus der Überwindung binärer Codierungen ergeben. Die Fundstellen, loci, gelten damals (als Frucht des humanistischen Denkens, Agricolas De inventione dialectica, also der Aussöhnung von Logik und Rhetorik) für alle Wissenschaften. Sie nötigen dazu, sowohl die loci theologici zu erfassen, in denen die Rede von Gott heimisch ist (also Bibel, Tradition, Kirchenväter, die Kirche selbst, die römische Kirche etc.), als auch jene Fundstellen auszumachen, denen sie nicht ausweichen kann, obwohl sie ihr fremd sind, ja, sie befremden – also die loci theologici alieni. In dieser Konzeption, die von Melchior Cano stammt, erschließen sich im 16. Jhd. bereits drei solche befremdliche Fundstellen: Vernunft, Philosophie (was heute den Wissenschaften allgemein entspricht) und schließlich die Geschichte (historia). Diese Fundstellen sind befremdlich, aber sie haben auctoritas. „Hinführung zur Dogmatik – Teil 2“ weiterlesen

Hinführung zur Dogmatik – Teil 1

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Beitrag von Univ.-Prof. Dr. Dr.habil Hans-Joachim Sander, Universität Salzburg

[Dieser Text ist hier auch als PDF erhältlich: Hinführung zur Dogmatik-Teil1]

Wovon lebt die dogmatische Darstellungsweise des Glaubens? Sie lebt von der Autorisierung bestimmter Glaubensstandpunkte zu einer Lehre der Kirche. Das ist die klassische Antwort. Dogmatik befasst sich mit dem Glauben, sofern er Lehre geworden ist oder Lehre wird. Dazu gehört zugleich ein Wissen – das Wissen darum, was (in einer bestimmten Problematik natürlich) unter keinen Umständen zur Lehre werden darf. Das sind klassisch gesprochen die sog. Häresien. Es gibt also etwas Negatives – die Abwehr von Standpunkten, die falsch liegen – und etwas Positives – die Reformulierung des Glaubensvorgangs zur Lehre. Daraus ergibt sich eine Grunddifferenz zwischen der Macht der Verwerfung – potestas – und der Autorisierung von Lehrpositionen – auctoritas. Dogmen haben Autorität und autorisieren Menschen, die mit ihnen als Glaubensformeln arbeiten; sie haben weder Macht noch können sie sich mit Macht durchsetzen. Vielmehr sind Lehrsätze Kontaktzonen, um sich mit Machtkonstellationen auseinanderzusetzen und davon abzusetzen.

„Hinführung zur Dogmatik – Teil 1“ weiterlesen

Dogmatik – Grammatik des christlichen Glaubens und Lebens

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Beitrag von Univ.-Prof. Dr. Roman A. Siebenrock

„Dogmatik“ – das klingt heute nicht wirklich gut. Als „dogmatisch“ werden Meinungen und Menschen charakterisiert, die sich auf bloße Behauptungen stützen und besserwisserisch der Pflicht zur Begründung ausweichen. Ist unsere Kirche noch zu retten, wenn sie das Dogma als Glaubensgrundlage verkündet und selbst der Theologische Kurs „Dogmatik“ als Kernfach hochhält? Ich gebe zu, dass ich mich nicht immer als „Dogmatiker“ vorstelle. „Systematische Theologie“, so nenne ich mein Fach. Nach innen hat sie als „Dogmatik“ die Glaubenseinsicht (intellectus fidei) zu kultivieren. Nach außen entwickelt sie als „Fundamentaltheologie“ eine zeitgemäße Glaubwürdigkeitsargumentation als Antwort auf Kritik, Einwand und Unverständnis; – und zwar mit den Mitteln der „reinen Vernunft“. Während nach außen keine Autorität (weder Schrift, Kirche noch Jesus Christus) vorausgesetzt werden kann, ist nach innen der Glauben der Kirche in Dogma, Liturgie und Frömmigkeit die vorausgesetzte Lebensform des systematischen Denkens. „Dogmatik – Grammatik des christlichen Glaubens und Lebens“ weiterlesen

In Stein gemeißelt? Die Glaubensbekenntnisse im Wandel der Zeit

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Nicht viele Texte der (Kirchen)Geschichte können eine ähnliche Karriere vorweisen: Die christlichen Glaubensbekenntnisse erfüllen seit jeher eine Vielzahl von Funktionen und gehören zu den faszinierendsten Dokumenten des Christentums: Sonntag für Sonntag werden sie im Gottesdienst gesprochen oder gesungen. Sie finden Verwendung im Katechumenat, bei der Taufe, in der Predigt, in Gebeten, im Exorzismus – und im Kampf gegen Häresien. In der Geschichte wird ihnen bisweilen sogar magische Wirkung zugeschrieben. Wie sind die christlichen Glaubensbekenntnisse erstanden, welche Funktionen erfüllten sie und welche Bedeutung können sie noch für heute entfalten? „In Stein gemeißelt? Die Glaubensbekenntnisse im Wandel der Zeit“ weiterlesen