Was fehlt der Menschheit am meisten?

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Antwort von Dr. Peter Zeillinger auf eine Umfrage der deutschen Online-Zeitschrift »Das Milieu«

Es braucht eine Politik und ein gesellschaftliches Zusammenleben, die sich letztlich nicht so sehr an Gesetzen, sondern an Kriterien orientieren. Und es braucht Kriterien, die sich weniger an der Vergangenheit und der Gegenwart, sondern mehr an der Zukunft orientieren.
Ganz allgemein gälte es, hier und jetzt „jene Regeln zu erfinden“, die für ein künftiges Zusammenleben „gegolten haben werden“ (Jean-François Lyotard) bzw. jene politischen Akte zu setzen, die „demokratisch gewesen sein werden“ (Jacques Derrida).
Die Gegenwart sollte nicht die Zukunft festlegen, sondern die Zukunft sollte das Handeln der Gegenwart bestimmen.
Ich denke, es fehlt uns ein Denken von der Zukunft her, ein Denken im futur antérieur.

Peter Zeillinger, Philosoph und Theologe, Wien „Was fehlt der Menschheit am meisten?“ weiterlesen

ad Covid-19: Die Blöße (Nacktheit, Blödigkeit) des Souveräns

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Auszug aus: Peter Zeillinger, Das Unvereinbare im Zentrum des Politischen. Zum politischen Potenzial von Agambens Homo-Sacer-Projekt, in: Martin Kirschner (Hg.), Subversiver Messianismus (Baden-Baden: Nomos, 2020) [im Druck].

Es ist an der Zeit einen Schritt zurückzutreten und die Situation zu überdenken: Die aktuelle globale Ausnahmesituation unterscheidet sich vom klassischen Verständnis eines politischen oder juridischen »Ausnahmezustands«. Sie entlarvt nicht nur das Konzept der souveränen Entscheidung über den Ausnahmezustand als Illusion, sondern betrifft auch das Verständnis souveräner Macht als solcher. Die Versuche »souveräner Gesten« wie Sie Donald Trump, Boris Johnson oder Jair Bolsonaro an den Tag gelegt haben, erwiesen sich alsbald als lächerlich. Auch Aussagen des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz lassen sich in diesem Kontext strukturell hinterfragen. Das nunmehr abgeschlossene Homo-Sacer-Projekt des italienischen Philosophen Giorgio Agambens lässt dagegen Kriterien für das kritische Potenzial einer »kommenden Politik« sichtbar werden, die ohne Rückgriff auf eine souveräne Instanz wirksam wird. Diese »Politik im-Kommen (ital. que viene, fr. à-venir)« verweist dabei nicht auf eine chronologisch künftige Zeit, sondern entfaltet sich bereits im »Hier-und-Jetzt«. Agamben vergleicht dieses »Kommende-schon-jetzt« mit der messianischen Struktur der biblischen Tradition.
(Der Text erscheint als Anhang zu einer Einführung in die Begriffe und die Methodik des Denkens von Giorgio Agamben, sowie ein affirmatives Verständnis seiner Hinweise zu einer »kommenden Politik« im Kontext seines Homo-Sacer-Projekts.) „ad Covid-19: Die Blöße (Nacktheit, Blödigkeit) des Souveräns“ weiterlesen

Stefan Zweig über Erfolg in der Politik

Stefan Zweig
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Am 29. Jänner 2020 hielt Dr. Arturo Larcati, der Leiter des Stefan Zweig Zentrums der Universität Salzburg bei der AKADEMIE am DOM einen Vortrag, in dem er den folgenden Text vorstellte, den Zweig 1934 veröffentlicht hatte. Er stammt aus seinem Werk Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam und liest sich wie für heute geschrieben. „Stefan Zweig über Erfolg in der Politik“ weiterlesen