2020 herrschte um diese Zeit ein Lockdown für alle mit strengen Beschränkungen für gottesdienstliche, gesellige und familiäre Zusammenkünfte, dieser Tage ein Déjà-vu … Weihnachten wurde zwar nicht abgesagt, die Erfahrung der liturgischen gut zweiwöchigen Weihnachtszeit mit ihren Texten und Gesängen aber blieb dünn. Wie wird es in wenigen Wochen sein? Grund genug für einige Momente der Besinnung auf ihre vermutlich auch heuer verhalten erklingende Botschaft.
Wollte ich rufen, würde er mir Antwort geben?
Ich glaube nicht, dass er auf meine Stimme hört. (Iob 9,16) Das ist Hiobs bittere Einsicht am Ende seiner vergeblichen Empörung gegen das ungerechte Leiden, das ihn getroffen hat. Die „wissenden“ Antworten seiner theologisch gebildeten Freunde erschienen ihm als untauglich. Hiobs Frage nach dem Warum quälen ihn (und viele Leidende) nicht weniger als Krankheit, Schmerz, Verlust der Liebsten und sozialer Tod. Dazu kommt die Frage: Wozu leide ich? Gott aber, wenn ich ihn in meinem Elend fragte, würde er mir Antwort geben? Und welche?
Von der Fassungskraft der Gläubigen
„Und weil ich nichts kann, drum fang ich nichts an.“ So meint im Kinderreim das „kleine Binkerl im Winkerl“, dem keiner etwas zutraut – weshalb es auch nie erfahren wird, dass und was es kann.
Predigt von Hans Kessler am 21.08.2022 in Werther/Westf. (zu Lk 13,22-30)
Lk 13,22-30: „Auf seinem Weg nach Jerusalem zog er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte. Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen. Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht, an die Tür klopft und ruft: Herr, mach uns auf!, dann wird er euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben doch in deinem Beisein gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt. Er aber wird euch erwidern: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. Und sie werden von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Und siehe, da sind Letzte, die werden Erste sein, und da sind Erste, die werden Letzte sein.“
Das heutige Evangelium – was für ein Text!
Irgendeine Liturgiekommission im Vatikan hat ihn vor Jahrzehnten für den heutigen Sonntag vorgeschrieben. Ich hätte lieber einen anderen Text gewählt. Aber jetzt haben wir ihn und müssen uns mit ihm auseinandersetzen.
O Herr Jesus Christus, hast du das alles so gesagt? All diese Worte? Und zu wem sind sie gesagt?
Und wenn du, Herr Jesus, bei Gott bist, also auch heute hier bei uns gegenwärtig bist, was willst du uns heute sagen? Oder willst du uns heute vielleicht eher etwas anderes sagen?
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Erschüttert – erleichtert – ernüchtert – erneuert (?) Was von der Krise bleibt
Beitrag von DDr. Ingrid Fischer, THEOLOGISCHE KURSE. Dieser Beitrag wurde als Referat beim Symposium der Liturgischen Kommission für Österreich im Oktober 2021 gehalten und erstveröffentlicht in: Heiliger Dienst. Zeitschrift für Liturgie und Bibel 76 (2022,1) 12–21 [Link zum ganzen Heft]
Vorbemerkung
Von der durch Covid-19 ausgelösten weltweiten Krise – so wäre natürlich zu hoffen – möge wenig bleiben, am besten gar nichts. Doch das ist unwahrscheinlich, denn die meisten Expert*innen sind sich darin einig: Die Langzeitfolgen der Pandemie sind nicht absehbar und es wird nicht die letzte gewesen sein. Auch unter dieser Perspektive und weil Geschichte niemals einfach vergangen ist, sondern Zukunft setzt, stelle ich meine Beobachtungen unter vier Partizipialformen, die einen Zusammenhang zwischen dem leidlich Überstandenen und dem der Kirche künftig Aufgegebenen herstellen – einen Zusammenhang, der am Anfang der Krise klar, mitunter scharf beobachtet und artikuliert wurde und inzwischen zu verblassen droht. Meine Akzente setze ich dabei als Liturgiewissenschaftlerin, nicht als Expertin für Pastoral, Mission oder für die Möglichkeiten digitaler Medien, die ich nicht bin.
Partizipien (= „teilhabende“) sind von Verben abgeleitete Formen, die Merkmale einer Eigenschaft annehmen: das hier verwendete Partizip II dient zur Verwendung eines Verbs im Passiv. Also etwas, das wir „erleiden“: vorübergehend oder auch habituell.
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Hans Kessler: Impulse im Rahmen der Friedensnacht in St. Michael (Werther/Westf.) am Palmsonntag 10.4.2022
Putins brutaler Krieg gegen die Ukraine, immer noch gestützt vom Moskauer Patriarchen Kyrill, und das russische Volk wird systematisch belogen, und viele in der Welt dazu.
Ich wurde gefragt: Wie kann Gott das zulassen? Wo bleibt da Gott?
Basisinfo Christentum Online
Die Worte der Dämonen
Eine „Achtung Bibel!“ -Sendung von Stefanie Jeller am 19. Jänner 2022, radio klassik Stephansdom.
In den Evangelien wimmelt es von Dämonen, ebenso in griechischen Zauberpapyri und in der ägyptischen apokalyptischen Literatur. Der Bibel-Experte Oliver Achilles, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den Theologischen Kursen, hat die Texte verglichen und verblüffende Ähnlichkeiten entdeckt. So werden die Worte der schreienden Dämonen im Markusevangelium im Vergleich mit den magischen Papyri aus Ägypten ein Stück weit verständlicher. – Ein Ausflug in die Welt der Dämonenaustreibungen und Gegenbeschwörungen.
Hier die Sendung zum Nachhören: https://radioklassik.at/die-worte-der-daemonen/
Das Potential der christlichen Theologie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Statement von Univ.-Prof. Dr. Roman SIEBENROCK (Universität Innsbruck) in der UNO-City-Kirche (Wien) zur Feier 81 Jahre THEOLOGISCHE KURSE, 30.9.2021.
Die Frage nach dem Potential theologischer Bildung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt hat zwei Perspektiven miteinander zu verbinden[1]: eine Analyse der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen und die Möglichkeiten der christlichen Theologie für den wohl als gefährdet angesehenen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Mit dieser Präzisierung des Themas sind einige Konkretionen verbunden. Zunächst: Ich kann und werde nicht von einem scheinbar neutralen Standpunkt aus sprechen, sondern von meinen Erfahrungen, d. h. meinen Hoffnungen und Sorgen in dieser Zeit und dieser gesellschaftlichen Situation ausgehen. Mit der „Themenzentrierten Interaktion“ nenne ich das den „Globe“. Denn diese Situation ist nicht einfach der Kontext, also ein Außen, sondern durchdringt bis in die Wahrnehmung hinein alle denkerische Orientierung. Weiters spreche ich nicht von irgendeiner Theologie, sondern verdeutliche schon zu Beginn, dass ich von der Perspektive einer christlichen Theologie in katholischer Tradition ausgehe. Dabei zeigt die Kennzeichnung „eine christliche Theologie“ an, dass es nicht nur berechtigterweise, sondern notwendigerweise eine Pluralität an theologischen Ansätzen und Perspektiven geben muss und ich „meine“ Perspektive als eine unter vielen möglichen erachte. Diese Perspektive wird, wenigstens nach subjektiver Einschätzung, wesentlich darin bestehen, die Optionen und Möglichkeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils für diese Fragestellung fruchtbar werden zu lassen. Zudem verweist der Begriff „Potential“ auf eine Möglichkeit christlicher Theologie, die vielleicht noch nicht realisiert worden ist. „Das Potential der christlichen Theologie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ weiterlesen
Gott ohne Namen: ein Versprechen
„Si comprehendis non est Deus. / Wenn du es verstanden hast, so ist es nicht Gott.“ Augustinus wusste, dass man den biblischen Gott nicht einfach mit der Vernunft verstehen oder bestimmen kann. Und Kinder wissen, dass man jemanden „in der Hand hat“, wenn man seinen Namen kennt. „Ich verrate dir meinen Namen nicht,“ sagen sie daher manchmal mit großem Ernst. Auch die Bibel selbst vermeidet es, den Gott, den sie in ihren Erzählungen beschreibt, einfachhin zu identifizieren. Gott hat in der Bibel viele Namen, männliche und weibliche, um damit jeweils etwas Bestimmtes zum Ausdruck zu bringen. Durch diese Vielfalt wird vermieden, Gott anhand eines einzelnen Namens bestimmen oder „kennen“ zu können. In den entscheidenden Momenten der Bibel erweist sich Gott aber als der Unsagbare. So etwa offenbart sich Gott dem Propheten Elija auf dem Berg „im Säuseln des Windes“, und dieser kann nur seinen Rücken sehen, nachdem Gott „vorübergegangen ist“. Man kann Gott offensichtlich erst nachträglich erkennen und nicht in einem donnernden Spektakel, das gerade abläuft. Und wenn sich in der Exoduserzählung Gott dem Mose im Dornbusch offenbart (Ex 3,14), dann macht er dies nicht wie „das kleine Ich-bin-ich“ aus dem bekannten Kinderbuch von Mira Lobe, um damit seine Individualität und Eigenständigkeit zum Ausdruck zu bringen, auch nicht um sich philosophisch als das große Eine bestimmen zu lassen, sondern vielmehr um den Blick von seinem Namen wegzuwenden: „Ich bin der, der ich sein werde / als der ich mich erweisen werde“, müsste man den Satz, der hinter dem Gottesnamen JHWH steht, etwas kompliziert übersetzen. Die revidierte Einheitsübersetzung fügt bei Ex 3,14 die Fussnote hinzu, dass der hebräische Text an dieser Stelle die Zeitform des Präsens mit der des Futur verknüpft. So als ob Gott sagen würde: „Ich bin jetzt schon als wer ich mich künftig für euch erweisen werde.“ Ein solcher Name ist also eher ein Versprechen, keine simple Bestimmung oder Identifizierung. Doch wieso eigentlich?