Schon der heilige Augustinus sagte, das Credo sei „klein in der Anzahl der Worte, doch gewaltig in der Bedeutung der Gedanken.“ Die Glaubensbekenntnisse sind tatsächlich relativ kurz und neben dem Vaterunser gehörten sie lange zum Minimum dessen, was ein Christ auswendig können musste. Auf der anderen Seite ist der Inhalt der Bekenntnisse so komplex, dass die Texte von Anfang an einer Auslegung bedurften: Ihre lange Tradition zieht sich von den Kirchenvätern über das Mittelalter und die Reformation bis in die Gegenwart hinein. Auch fast alle wichtigsten Theologen des 20. Jhs. haben eine Auslegung des Credos vorgelegt. Allen diesen Bestrebungen ist die Intention gemeinsam, die Inhalte nicht nur erklären zu wollen, sondern diese Texte für die Gegenwart verständlich zu machen.
Bekenntnis als existenzieller Akt
Die Credos sollten verständlich sein, weil es in ihnen nicht nur um eine Sammlung von Wahrheiten, sondern um eine existenzielle Wahrheit geht: Die ursprüngliche Form des Bekenntnisses ist kein fertiger Text, sondern drei Fragen bei der Taufe, die jeder persönlich beantworten muss: „Ja, ich glaube“. Das Bekenntnis sollte also eine Entscheidung, einen existenziellen Akt und die Bindung an ein „Du“ zum Ausdruck bringen, die durch das Sprechen des deklaratorischen Textes immer wieder in Erinnerung gerufen werden.
Ich glaube an …?
Als Christ bekennt man sich zu einem „Du“ und zu konkreten Inhalten, die in Credos gesammelt werden: Die Glaubensbekenntnisse drücken die sogenannte „Regel des Glaubens“ aus, die nach Irenäus von Lyon beschrieben wird: „als Summe dessen […], was von Christus gelehrt, von den Aposteln überliefert und in der apostolischen Tradition weitergegeben worden ist.“ Die Credos versuchen also die Inhalte des Glaubens zusammenzufassen – die, auf die es wirklich ankommt.
Und wenn ich das nicht glaube?
Was aber, wenn man nicht allen Aussagen des Bekenntnisses zustimmen kann? Ist man dann noch Christ? Zuerst müsste man fragen, ob man den Aussagen tatsächlich nicht zustimmen kann, also fragen, was die Aussagen tatsächlich meinen, denn das ist oft etwas anderes, als es uns auf den ersten Blick erscheint. Auch müssen nicht alle Sätze für den Glauben des Einzelnen denselben Stellenwert haben: Die Auferstehung Christi bewegt sich auf einer andere Ebene als die Jungfräulichkeit Mariens. Schließlich kann man auch einige Aussagen einfach hinnehmen im Bewusstsein, dass der Glaube der Kirche größer ist als das, was ein Einzelner verinnerlichen kann.
Ein Weg mit dem Credo
Das Credo zu sprechen, zu hören, zu studieren und zu meditieren kann einen neuen Zugang zum Glauben eröffnen: Einen Glauben, den man sich nicht selbst ausdenkt, mit dem man sich in eine Gemeinschaft stellt und der schließlich ein Weg ist: ein Weg des Werdens, des Wachsens, des immer besseren Verstehens und der Annäherung an das „Du“, auf das es ankommt.
Dr. Piotr Kubasiak, Theologische Kurse
Erstveröffentlichung: https://www.kirchenzeitung.at/site/kirche/glaube/klein-aber-gewaltig